Aus dreckigen Fenstern

Übers faul Sein, Schaffen müssen, Druck machen und netter zu sich Sein

Es ist der 8. April 2020 als ich diesen Text schreibe. Aktuelle Situation: sehr verrückt, noch nie erlebt. Vielleicht hat sie sich mittlerweile schon verändert. Vielleicht auch nicht wirklich. Vielleicht ist sie entspannter geworden; wahrscheinlich noch verrückter.

Ich fahre nicht mehr mit der U-Bahn, habe noch keine Uni und vermisse meine Freunde. Ich bin zwar mehr draußen, aber meistens nur in einem Umkreis von ein paar Kilometern, die ich spazieren gehe. Dieses Jahr habe ich tatsächlich schon 21 Bücher gelesen. Und das ist irgendwie auch das einzige, was ich bisher „geschafft“ habe. Ansonsten schaue ich viel aus meinen nicht geputzten Fenstern.

Jetzt habe ich schon einmal so viel freie Zeit und schaffe gefühlt nichts. Um mich herum das Home-Office und ich fühle mich irgendwie faul. In meinem Kopf habe ich eine lange Liste mit Sachen, die ich schon so lange machen will. Mal wieder was malen, Yoga oder endlich bloggen. Mich so richtig dazu aufraffen, schaffe ich nur so halb. Aber mit dem Gefühl bin ich glaube ich nicht allein. Da hat man einmal die Chance ein paar Wochen frei zu haben, ohne Verpflichtungen und nutzt diese Zeit nicht perfekt.

Ich, nicht „man“

Aber wovon rede ich hier. Natürlich hat nicht „man“ die Chance, sondern ich. Und ein paar andere Menschen. Die meisten halten unsere Welt gerade irgendwie zusammen. Müssen weiterhin arbeiten. Sich dem Risiko aussetzten, dieses nervige Virus zu bekommen. Oder haben Geldsorgen, weil sie freiberuflich arbeiten. Oder können sich nicht oft genug am Tag die Hände waschen. Oder haben kein Zuhause.

Und ich beschwere mich darüber, dass ich keinen Bock auf Yoga habe. Schon ganz gut, sich das ab und zu ins Gedächtnis zu rufen. Andere wünschen sich meine gemütlichen Gedanken.

Schon okay

Nur sich selbst direkt so schlecht zu machen, weil man sich unproduktiv fühlt, ist auch nicht cool. Es ist schon okay, dass ich in meinem Wohnzimmer nicht ständig die gesamte Erde im Hinterkopf behalte. In meiner kleinen Blase, in meiner Situation ist es in dieser Sekunde anstrengend, ist es subjektiv gesehen, ein Problem. Zwar ein kleines, aber ein Problem. Oder viel mehr ein Problemchen. Weil, ja, die Situation nervt. Home-Office nervt. Nichts tun nervt. Nirgends hin können nervt. An Ostern meine Familie nicht sehen nervt. Und weil es oft nervig ist, darf man sich auch oft beschweren. Nicht zu oft, aber oft. Und dann erinnert man sich wieder an die anderen Menschen um einen herum und hört auf mit dem Beschweren.

Vielleicht putze ich einfach mal die Fenster. Oder ich lasse es. Das ist nämlich auch okay.

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